Den meisten Menschen wird das Jahr 2020 im Gedächtnis haften bleiben. Einige verloren Verwandte und Freunde, andere ihre Arbeit, dritte fanden den Weg zur Errettung ihrer Seele. Am Vorabend des kommenden Jahres schauen viele Bulgaren mit Bange auf die unklare Zukunft. Es überkommen sie gemischte Gefühle aus Angast, Unsicherheit und schwacher Hoffnung. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Pandemie, die das Leben von Milliarden Menschen auf der Erde verändert hat, genauso plötzlich verschwinden wird, wie sie erschien, wird immer kleiner...
Die orthodoxe Kirche lehrt, dass nichts auf dieser Welt ohne die Göttliche Fügung geschieht. Ob Zufall oder nicht – die Pandemie ereilte Bulgarien in der großen Fastenzeit vor Ostern und forderte die meisten Opfer in der Fastenzeit vor Christi Geburt. „Ich bin Gott ausgesprochen dankbar und hoffe innigst, dass die Menschen verstanden haben, dass Er uns etwas sagen will“, meint in einem Interview für Radio Bulgarien Vater Georgi Fotaliew von der Kirche „Hl. Zar Boris I.“ der Schwarzmeerstadt Warna. „Genau dann, wenn die sogenannten traditionellen orthodoxen Christen, die ohne Glauben zur Kirche gehen, sich dem Konsum ergeben und die christlichen Feste in reine Eitelkeit verwandeln“, sei es laut Vater Georgi geschehen. Das Jahr 2020 habe den Bulgaren die Chance gegeben, die Ereignisse geistig zu überdenken. Die Pandemie habe allen vor Augen geführt, dass sie sterblich sind.
„In der letzten Zeit haben der materielle Wohlstand und all die verlockenden Möglichkeiten die Idee von der Ewigkeit in weite Ferne gerückt. Jeder versucht den Augenblick zu erhaschen, ohne zu begreifen, dass darin die Ewigkeit selbst verschlüsselt ist. Die Dinge, die wir tun sind ein Widerhall dessen, was uns im ewigen Leben erwartet – dort, wo jeder von uns ankommen muss. Aus diesem Grund bin ich glücklich, dass dieses Jahr aus christlicher Sicht ein gnadenreiches gewesen ist. Ich hoffe, dass jeder etwas dazugelernt hat.“
Was die Prüfungen anbelangt, die uns das Jahr 2020 auferlegt hat, machen sie sich verglichen mit dem Hunger, den Kriegen und den schweren Epidemien vergangener Jahrhunderte recht bescheiden aus. „Wir haben noch keine Ereignisse gesehen, bei denen das Wesen der Menschen in Bezug auf Gott und die Nächsten einer Prüfung unterzogen wird“, verwies Vater Georgi und betonte: „Gerade dann sieht man, wer ein wahrer Mensch ist.“
„Wenn es den Menschen gelingt, diese Erkenntnis auch 2021 nicht zu vergessen, und Bilanz zu ziehen, falls sie die Eitelkeit der Dinge erkannt haben, könnten sie ihren Glauben retten und in ihm stark werden. Ich hätte es gern, sie hätten verstanden, dass „hier und jetzt“ nicht in Raum und Zeit liegt, sondern in der Ewigkeit. Gott hat uns diese Erde gegeben, auf dass wir sie bewahren. Es ist normal, eine Antwort auf das zu erwarten, was wir der Natur, aber auch unserer Seelen antun. Dank unserer Verantwortungslosigkeit mehren sich die Heimsuchungen.“
Vater Georgi wünscht daher allen für das kommende Jahr eine „beschauliche Freude“, die uns der Himmel schickt. Sie ist nur dann möglich, wenn die Menschen trotz aller Schwierigkeiten ihren Glauben nicht verlieren. Der Priester hofft, dass die Bulgaren demütiger werden und ihre Werte neu ordnen. Das würde ihnen helfen, in geistiger Sicht voranzukommen:
„Ich wünsche jedem Bulgaren Gesundheit, Langlebigkeit und Erfolge auf dem Weg der Erlösung. Es möge ihnen gut gehen und sie sollten sich, Gott geb's, darum bemühen, nicht nur Wünsche zu äußern, sondern auch etwas zu geben, „denn wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot“, wie Apostel Jakobus gesagt hat.“
Daher lautet auch die Botschaft von Vater Georgi kurz und bündig: „Gute Taten!“
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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