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Der Goldschatz von Marcianopolis erzählt Geschichten

Römische Münze, die anlässlich der Krönung von Kaiserin Aelia Eudocia geprägt wurde.
Foto: Weneta Nikolowa

Auf der Fahrt an die nördliche bulgarische Schwarzmeerküste kommen nur wenige Touristen auf die Idee, von der Autobahn herunterzufahren und sich die Überreste einer der größten antiken Städte zu betrachten, die die alten Römer auf heute bulgarischem Boden gebaut haben. Die Rede ist von Marcianopolis – Hauptstadt der römischen Provinz Niedermösien. Auf den Trümmern dieser Stadt erhebt sich die heutige Stadt Dewnja. Vom einstigen Glanz des antiken Marcianopolis zeugen die Überreste der öffentlichen Bauten, der Bibliothek und der Bäder, des Triumphbogens, aber auch der reichen Privathäuser, die alle mit wunderschönen Mosaikfußböden ausgestattet waren. Ein Teil von ihnen kann in dem einzigen Mosaiken-Museum Bulgariens bewundert werden.

Das Mosaiken-Museum in Dewnja

Gegen Ende des Jahres 2019, also kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie, stießen die Archäologen bei der Erforschung eines 1.600 Jahre alten römischen Gebäudes auf einen bemerkenswerten Goldschatz. Das Bauwerk war im 5. Jahrhundert gebrandschatzt worden; in den Trümmern wurden 19 römische Münzen aus hochkarätigem Gold entdeckt.

„Der Goldschatz beweist den großen Einfall der Hunnen im Jahre 447, als laut den alten Chroniken Marcianopolis eingenommen, geplündert und niedergebrannt worden ist“, erzählt uns Iwan Sutew, Direktor des Mosaiken-Museums der Stadt Dewnja. „Die meisten entdeckten Schätze sind übrigens in Folge einer drohenden Gefahr – einem feindlichen Angriff, oder einer Naturkatastrophe, entstanden. In unserem Fall ist es die Einnahme und Brandschatzung von Marcianopolis. Wir haben 19 Solidi entdeckt; der Aureus Solidus war eine spätrömische Goldmünze. Die Münzen lagen buchstäblich auf dem Boden verstreut. Offensichtlich wurden sie auf der Flucht oder bei einem blutigen Zusammenstoß verloren. Unmittelbar danach ist in Folge eines Brandes eine Mauer aus Lehmziegeln auf sie gefallen. Auf diese Weise wurden sie verschüttet und für spätere Zeiten erhalten. Sie sind in einem ausgezeichneten Zustand, woraus geschlossen werden kann, dass sie nicht lange in Umlauf gewesen sind; sie sehen aus, als seien sie erst gestern geprägt worden.“ 

Der goldene Münzschatz von Marcianopolis enthält 19 Solidi

In etwa am gleichen Ort wurde bereits 1929 ein großer Münzschatz geborgen. Es handelt sich um einen der größten Münzfunde in dieser Region; ans Tageslicht kamen rund 100.000 römische Silbermünzen mit einem Gesamtgewicht von ca. 350 Kilogramm. Diese Münzen, vermutlich die Stadtkasse, wurden währen der Herrschaft von Marcus Antonius geprägt. Der jüngste Münzschatz stammt aus der Zeit der Imperatoren Theodosius II. und Valentinian III.

„Diese Münzen sind als Exponate sehr wertvoll, übermitteln aber auch wichtige Informationen, weil auf ihnen verschiedene Szenen abgebildet sind“, erzählt weiter Iwan Sutew. „Auf der einen Seite der Münzen ist das Antlitz des Imperators oder eines Mitglieds seiner Familie (meist seine Frau) abgebildet. Auf der Rückseite sind verschiedene Szenen dargestellt, die mit dem Leben des Hofes im 5. Jahrhundert in Verbindung stehen. Eine der Münzen beispielsweise wurde anlässlich der Krönung von Aelia Eudocia, Gattin Theodosius II., geprägt. Sie trägt ein reiches Gewand und überaus schönen Schmuck. Über ihr schwebt die Hand Gottes, die ihr die Krone aufs Haupt aufsetzt. Eine andere sehr interessante Münze des Schatzes zeigt die Krönung und die Annahme des Titels „Augustus“ durch Valentinian III. – Imperator des Weströmischen Reiches und Cousin von Theodosius II.“

Einer der wunderschönen Mosaikfußböden im Mosaiken-Museum in Dewnja

Iwan Sutew und sein Team hoffen auf eine weitere Finanzierung seitens des Kulturministeriums, um ihre Forschungsarbeiten am Gebäude fortsetzen zu können, in dem die Münzen entdeckt worden sind. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass das Bauwerk mit einzigartigen Bodenmosaiken geschmückt gewesen war. Die dargestellten frühchristlichen Symbole deuten darauf hin, dass das Gebäude mit der nahegelegenen frühchristlichen Basilika im Zusammenhang gestanden haben könnte. Die nächsten Ausgrabungen werden mehr Licht in die Geschichte werfen und warum nicht auch einen weiteren interessanten Fund zutage fördern.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow

Fotos: Weneta Nikolowa



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