Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Die vergessene Welt von Antip Obushtarov

Alte Glasplatten erzählen über das Leben in einem bulgarischen Dorf vor 100 Jahren

7
Foto: Alexander Ivanov

Es nicht immer eine Zeitmaschine notwendig, um in die vergangene Welt eines anderen einzutauchen. Das ist zum Beispiel die Welt von Antip Obushtarov - dem Fotografen, dessen Glasplatten heute Bilder, Ereignisse, Landschaften von vor einem Jahrhundert wieder aufleben lassen.

Die Glasplatten von Antip Obushtarov – eine fotografische Chronik des Lebens im Balkan-Dorf Schipka zwischen 1906 und 1931, standen 75 Jahre lang unter der Treppe seines Geburtshauses, bevor seine Verwandten sie Mitte der 90er Jahre zur Aufbewahrung dem ethnographischen Haus der heutigen Stadt Schipka übergaben. Und Anfang dieses Jahres hat jemand endlich diesem wertvollen Erbe neues, würdiges Leben eingehaucht.

„Anip war praktisch der Dorffotograf“, erzählt der Fotograf Alexander Ivanov, der sich der Aufgabe angenommen hat, das Werk des Autors auf die beste und ehrlichste Art und Weise zu präsentieren.

„Das Dorf Schipka hatte damals etwa 2200 aufgeweckte Einwohner mit vielen Kindern und Jugendlichen. Hunderte von denen nahmen an den beiden Kriegen (dem Zweiten Balkankrieg und dem Ersten Weltkrieg) teil und mehr als einhundert sind auf den Schlachtfeldern gefallen. Antip fotografierte alles, was im Dorf passierte, aber im Gegensatz zu den meisten damaligen Fotografen hatte er kein eigenes Atelier mit Oberlicht, Tisch und Fotozubehör, um denjenigen zu fotografieren, der den Raum betrat. Stattdessen ging er in die Höfe der Leute, in die Kneipen, auf die Felder, in die Rosenöl-Destillerien. Er fotografierte auch Leute, die Shipka besuchten. Die Leute im Dorf akzeptierten ihn als einen von ihnen, sie vertrauten ihm, sie hatten Respekt vor ihm, weil er der einzige Dorffotograf war.“

Fotos, Veröffentlichungen in der Kazanlaker Zeitung "Iskra", Familienerinnerungen, die zwischen den Generationen weitergegeben werden - nach und nach offenbart sich das Leben von Antip Obushtarov vor Alexander Ivanovs Augen. Und es stellt sich heraus, dass es ein erstaunlich gutes Filmskript ist.

Antip wurde 1888 geboren und nahm den Namen seines Bruders an, der nur wenige Tage auf dieser Welt gelebt hatte. Schon in jungen Jahren zeigte er künstlerische Neigungen in der Musik und der Tischlerei, auch die Erfindungen lagen ihm am Herzen, bevor er zu Beginn des neuen Jahrhunderts die Fotografie entdeckte. Er spezialisierte sogar neun Monate in Wien.

Im Zweiten Balkankrieg und im Ersten Weltkrieg wurde er Soldat und wirkte als Regimentsfotograf. Und im tragischsten Moment seines Lebens fotografierte er die Leichen seiner Mutter, seiner Schwester und seines Schwagers, die bei einer Säuberung nach dem größten Terroranschlag unserer Geschichte - dem Bombenanschlag auf die Kirche "Hl. Nedelja“ im April 1925, getötet wurden.

Am 14. August wurde die vergessene Welt von Antip Obushtarov in der retrospektiven Ausstellung "Vor 100 Jahren" im Museum für Fotografie und zeitgenössische bildende Kunst in Kasanlak gezeigt. Das Kulturhaus in der Stadt Shipka hofft, die Fotos anlässlich seines 160-jährigen Bestehens zeigen zu können. Und inzwischen laufen bereits die Vorbereitungen für die Herausgabe eines Fotoalbums.

Übersetzung und Redaktion: Mihail Dimitrov

Fotos: Alexander Ivanov и Kulturhaus der Stadt Shipka




Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Über 300 Bibelforscher versammeln sich zur internationalen Konferenz in Sofia

Die Sofioter Universität "Heiliger Kliment Ochridski" wird über 300 Wissenschaftler aus der ganzen Welt zur traditionellen internationalen Konferenz der Europäischen Vereinigung für Bibelstudien begrüßen. Das Forum  vom 15. bis 18. Juli bietet ein..

veröffentlicht am 14.07.24 um 10:05
Patriarch Daniil

Bulgarien hat einen Patriarchen erbeten

Am Allerheiligen, dem Tag, an dem die Bulgarische Orthodoxe Kirche dem Konzil der 12 Apostel und aller bekannten und unbekannten Märtyrer und Bekenner Christi gedenkt, wurden die Laien in Bulgarien für ihren Glauben belohnt. Es gibt kaum jemanden, der..

veröffentlicht am 01.07.24 um 16:40

Der neue Patriarch hob die Aufgabe der Kirche hervor, die Getrennten zu einen

Die Berufung der Kirche sei es, die Getrennten zu einen , sagte der neue bulgarische Patriarch Daniil vor seiner ersten Heiligen Messe. "Die Aufgaben sind vielfältig. Heute ist ein bedeutsamer Tag, an dem wir die Rückführung der Reliquien des heiligen..

veröffentlicht am 01.07.24 um 12:10