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Hüterin der Tradition: Prof. Julia Dilowa

Ausstellung erzählt über die Sprache der Trachtenschürzen

Eingewebte Formeln zur Abwendung von Unheil

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Foto: Regionales Ethnographisches Museum Plowdiw

Das Regionale Ethnographische Museum der südbulgarischen Stadt Plowdiw stellt in einer Sonderausstellung die Lebensweise, Mentalität und Kultur der Bulgaren vom Beginn des 19. bis in die 1930er Jahre vor. Die Besucher der Exposition „Die Schürze – ein Symbol und ein Apotropäum“ können verschiedene Trachten und einzelne Trachtenteile aus verschiedenen Regionen Bulgariens bewundern, die von Prof. Julia Dilowa im Verlauf von mehr als 20 Jahren gesammelt und jüngst von ihrer Tochter dem Museum gespendet wurden.

„Die Kollektion ist interessant, weil sie fast keine Teile von Männertrachten enthält. Julia Dilowa hat sich ausgesprochen mit dem weiblichen Teil der Gesellschaft befasst“, sagte uns Grosdelina Georgiewa vom Regionalen Ethnographischen Museum Plowdiw. „Die traditionelle Bekleidung der Bulgarin schützte den Körper und die eingebrachten Symbole sollten den bösen Blick abwehren. Die gesamte Tracht könnte als umfassendes Apotropäum betrachtet werden, das die Person, die sie trug, rundum schützte. Die Bulgaren hatten Angst vor Verwünschungen, also trafen sie viele Vorsichtsmaßnahmen. In einigen Regionen Bulgariens sind die Spitze und die Ferse der Strümpfe in den Schutzfarben Rot oder Grün gefärbt. Schützend wirken auch die Muster auf den Röcken, Ärmeln und am Ausschnitt der Hemden. Schürzen und Gürtelschnallen schützen die Taille und die Fortpflanzungsorgane; der Kopfschmuck seinerseits die Fontanelle, die als die schwächste Stelle des menschlichen Körpers galt.“

Das ganze Leben von Prof. Julia Dilowa stand mit den Problemen der Frauen und ihren Rechten in Verbindung. Sie wirkte als UN-Expertin für Informationssysteme, war Gastprofessorin an der Stanford University und lehrte Wirtschaft, Standardisierung und elektronische Systeme. Als sie nach Bulgarien zurückkehrte, beschloss sie, die Schönheit der einstigen traditionellen Bekleidung der bulgarischen Frau für die nachfolgenden Generationen zu bewahren.


Die Sammlung enthält etwa 540 Exponate, darunter über 200 Schürzen aus allen ethnographischen Regionen Bulgariens. Warum ist dieses Element der bulgarischen Tracht so wichtig?

„Ohne eine Schürze geht es nicht“, sagt Grosdelina Georgiewa. „Nur in der Schopen-Region (im mittelern Westen Bulgariens) besitzt die Tracht keine Schürze – das gilt aber nur für den Alltag. An Feiertagen und wichtigen Anlässen musste eine Schürze umgebunden werden. Dieses Teil einer Tracht wird als erstes wahrgenommen und ist entsprechend das (farben-)prächtigste. Laut Volksglauben schütze die vorn umgebundene Schürze den Schoß, also die weiblichen Fortpflanzungsorgane. Man meinte, dass man in Kombination mit einem Gürtel und der Gürtelschnalle, insbesondere am Hochzeitstag, einen vollständigen Schutz des weiblichen Körpers erzielte. Denn das Wichtigste für eine Frau in der Volkskultur war es, zu heiraten und für den Fortbestand der Familie zu sorgen.“

Die Schürze ist ein Zeichen der ethnischen Zugehörigkeit und des Alters; ihr kam eine soziale und rituelle Funktion zu. Die Schürzen, die man an Arbeits- und Feiertagen trug, unterschieden sich grundlegend voneinander.

„In verschiedenen Altersstufen wurden verschiedene Schürzen mit unterschiedlichen Zeichen darauf getragen. Die Schürzen jüngerer Frauen und Bräute waren in hellen Tönen und farbenfroh. Die Schürzen der alten Frauen waren hingegen eher dunkel und mit weniger Symbolen versehen, weil sie nicht mehr jene Rolle im Lebenszyklus spielten, wie eine Frau im gebärfähigen Alter. Die Schürze war die ungeschriebene Sprache der Bulgarin - eine Symbolsprache, die sie anlegte.“

Parallel zur Ausstellung wurde ein Katalog („With Love for the Woven“) auf Bulgarisch und Englisch herausgegeben. Der Fotograf Tschawdar Stojtschew nahm die Trachten vor dem Hintergrund der Häuser des Dorfes Dolen im Südwesten Bulgariens auf, in dem Prof. Dilowa lebte und ihre Sammlung anlegte.

„Der Katalog ist einer der schönsten, die das Museum herausgegeben hat. Darin sind alle Trachten aus der Sammlung von Prof. Dilowa sowie einzelne Trachtenteile zu sehen, die sie nicht zu vollständigen Trachten vereinen konnte“, erzählt Grosdelina Georgiewa. „Sie alle wurden in den Katalog aufgenommen, weil er die Leidenschaft und Wertschätzung einer Frau zum Ausdruck bringen soll, die nicht direkt mit der Geschichte und Folklore zu tun hatte, sondern 20 Jahre ihres Lebens damit verbrachte, die weibliche Schönheit mittels der Arbeit namenloser Schöpferinnen zu zeigen.“

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow

Fotos: Regionales Ethnographisches Museum Plowdiw




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