Die hohe Inflation ist eine echte Herausforderung für die Weltwirtschaft. Der Preisschock der letzten Monate wurde in Bulgarien sehr stark spürbar. Bereits im April erreichte die Inflation bei grundlegenden Bedarfsgütern 20 %. Ein Teil der Preise wurde spekulativ überhöht. Eine Rückkehr zu den Vorjahresgrenzen gab es dennoch nicht.
Im Mai erreichte die Inflation in Bulgarien im Vergleich zum Mai vorigen Jahres 15,6 % – und war somit fast doppelt so hoch wie die durchschnittliche jährliche Inflation in der Eurozone (8,1 %). Es wird sogar erwartet, dass sie bis Jahresende 20% erreicht. Das ist ein wichtiger Hinweis für den wirtschaftlichen Zustand in unserem Land, der uns von den Ländern entfernt, die die gemeinsame europäische Währung eingeführt haben.
„Der Staat hat auf den Inflationsdruck mit diversen Sozialleistungen wie die Senkung der Mehrwertsteuer auf Brot, Rabatt beim Benzinpreis und eine Erhöhung der Renten reagiert. Die Inflation ist diesen Maßnahmen aber immer voraus und deshalb sind die nachträglich, aufholend und nicht voll wirksam. Die Bürger haben daher das Gefühl, dass die Unterstützung nicht ausreicht", kommentierte der Finanzexperte Rumen Galabinow die im aktualisierten Staatshaushalt beschlossenen Maßnahmen. Er plädiert für mehr Investitionen.
„Europäische Fonds sind wichtig, aber parallel dazu müssen wir auch private Investitionen anziehen und öffentlich-private Partnerschaften schaffen, damit sich der Mehrwert in der Wirtschaft erhöht", sagte Rumen Galabinow in einem Interview für den BNR-Blagoewgrad.
„In den letzten zwei Wochen gab es eine gewisse Preisdämpfung auf dem Ölmarkt, auch auf dem Gasmarkt ist eine gewisse Ruhe eingekehrt. Eine Rolle spielt auch die Jahreszeit, denn im Sommer gibt es weniger heimische Nutzer. Selbst die Inflation kann in der zweiten Jahreshälfte rund 20 % erreichen. Die Binnennachfrage und der Konsum sind im Moment sehr wichtig. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Nachfrage stagniert und der Konsum sinkt", empfiehlt der Finanzexperte und warnt, dass in Bulgarien momentan das Risiko für eine Stagflation hoch ist. Das würde ein dauerhaft niedriges oder unzureichend beschleunigtes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts, kombiniert mit kurzfristig hoher Inflation bedeuten, warnt Rumen Galabinow. Daher müsse der Ansatz in der Geld- und Fiskalpolitik geändert werden. Der Staat sollte sich auf zwei Dinge konzentrieren – Schuldentilgung und Investitionen.
Was die Investitionen anbelangt, könne der Staat vor allem im Rahmen nationaler Großprojekte helfen, sei es in der Infrastruktur oder in einzelnen strukturbestimmenden Wirtschaftsbereichen. Das würden sowohl der Beschäftigung als auch der Einkommen zugutekommen und neue Möglichkeiten für die Schaffung von Arbeitsplätzen schaffen. Das wiederum würde die Einnahme von mehr Steuern und Versicherungen bedeuten. All das fördere die Wirtschaft, unterstreicht der Finanzexperte.
„Die eingeführten, bereits erwähnten Krisenmaßnahmen des Staates tragen zu einer besseren Lage der Verbraucher bei und helfen ihnen in gewisser Weise ihren Lebensstandard und ihre Kaufkraft zu erhalten. Die Sozialprogramme allein werden aber ohne die Kapitalprogramme und Investitionen, von denen ich spreche, nicht viel zum Wachstum des Bruttosozialprodukts beitragen“, betont Rumen Galabinow und fügt hinzu, dass einige dieser Maßnahmen sich direkt auf die Geldmenge auswirken und die Inflation befeuern können, anstatt die Krise zu dämpfen.
Redaktion: Gergana Mantschewa
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: Pexels, Ani Petrowa, Archiv
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