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Stefan Stambolow und die mazedonische Frage am Ende des 19. Jahrhunderts

Warum der Begründer des modernen Bulgarien die Gründung einer revolutionären Organisation in Mazedonien nicht zulassen wollte

Stefan Stambolow (1854-1895)
Foto: Archiv

In Folge 160 des Podcasts "Korridor 8" haben die Journalisten Atanas Welitchkow und Dr. Georgi Stankow den ehemaligen Premierminister von Nordmazedonien Ljubcho Georgievski zu Gast. Über zweieinhalb Stunden lang stellten die Zuhörer online Fragen. Georgievski kritisierte die erfolglose dreijährige Arbeit der Kommission aus Historikern, die die strittigen Fragen zwischen den beiden Ländern klären soll, und schlug vor, dass ihre Sitzungen für die Bürger beider Länder offen sein sollten. Es ist eine Tatsache, dass bis heute Druck auf Menschen ausgeübt wird, die sich in Nordmazedonien als Bulgaren bekennen, sagte Georgievski und forderte eine Politik gegen eine solche Stigmatisierung der nordmazedonischen Bulgaren. Andererseits bezeichnete er das Veto Bulgariens gegen die EU-Mitgliedschaft Nordmazedoniens als kurzsichtige Politik. Für viele der heutigen bilateralen Probleme sucht der ehemalige mazedonische Premierminister die Wurzeln in der Vergangenheit und richtet den Blick zurück in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts und weiter, mit der Klarstellung, dass es sich um die bulgarische Politik seit der Zeit von Premierminister Stefan Stambolow handelt.
Anlässlich des 170. Geburtstages von Stefan Stambolow ist es gut, sich daran zu erinnern, welche Politik der Erbauer des modernen Bulgariens in der mazedonischen Frage am Ende des 19. Jahrhunderts führte. Als ehemaliger Freischärler und Revolutionär, aktiver Teilnehmer an drei Aufständen zur Befreiung Bulgariens von fünf Jahrhunderten osmanischer Herrschaft - den Aufständen von Stara Zagora (1875), April (1876) und Razlog-Kresna (1878/79) - war sich Stambolow der Möglichkeiten der bulgarischen revolutionären Selbsttätigkeit bewusst. Er wusste sehr wohl, wie leicht sie von den Großmächten für ihre privaten Interessen und hybriden Aktionen auf dem Balkan benutzt werden konnte. Da es einen bulgarischen Staat gab, war Stambolow der Meinung, dass nur dieser ein verantwortlicher und legitimer politischer Faktor sein kann.
Der außenpolitische Rahmen, in dem der "Diktator", wie Stambolow von seinen politischen Gegnern genannt wurde, agierte, war der Berliner Vertrag von 1878. Um den Preis der Zerstückelung der bulgarischen Volksgruppen sicherte er den Frieden auf dem Balkan bis 1912. Mazedonien verblieb im Osmanischen Reich, aber der Vertrag sah Reformen und Autonomie für die drei bulgarisch besiedelten Regionen Skopje, Bitola und Saloniki vor.
Das Denkmal von Stefan Stambolow im Zentrum von Sofia
Wegen der massiven russischen Einmischung in die bulgarische Politik nach der Vereinigung 1885 befanden sich Sofia und St. Petersburg in einem diplomatischen und hybriden Krieg. Stambolow erkannte, dass Serbien, von Österreich-Ungarn unter Druck gesetzt und von Russland unterstützt, auf Mazedonien zusteuerte. Unter dem Druck Englands und der Türkei bewegte sich auch Griechenland auf Mazedonien zu. Um die Lage der Bulgaren in der Region zu verbessern und sie vor der griechischen und serbischen Propaganda zu schützen, setzte der bulgarische Premierminister auf gute Beziehungen zur Hohen Pforte. Er bemüht sich, die Bildungsmöglichkeiten des bulgarischen Exarchats in Konstantinopel durch die Ernennung bulgarischer Metropoliten und die Eröffnung bulgarischer Schulen in Mazedonien zu erweitern.
Während der drei Aufstände gegen das Osmanische Imperium, an denen er teilnahm und die er zu leiten versuchte, verinnerlichte Stefan Stambolow das Vermächtnis von Wassil Lewski, dass mit dem Volk nicht Revolution gespielt werden sollte. Während seiner Amtszeit als Ministerpräsident ließ er die Bildung von revolutionären Komitees und Verschwörungen nicht zu. Deshalb wurde die Bulgarische Makedonisch-Adrianopeler Revolutionäre Organisation IMORO erst 1893 von bulgarischen Lehrern am Gymnasium von Thessaloniki gegründet. In ihrer künftigen Tätigkeit für die Befreiung der Bulgaren in Mazedonien würde die Organisation ihre Aktionen informell und mit vielen internen Widersprüchen mit dem bulgarischen Staat koordinieren. Diese Widersprüche führten zu internen Kämpfen innerhalb von IMORO und schwächten auf fatale Weise die bulgarische Sache in Mazedonien.
"Die mazedonische Geschichte ist der romantischste Teil der bulgarischen Geschichte". Mit diesen Worten antwortete Präsident Petar Stojanow am 27. April 1997 im Europapalast in Straßburg vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates auf die provokante Frage eines mazedonischen Abgeordneten. "Der Satz wurde nicht im Voraus ausgedacht .... romantisch, denn als die Freischärler-Bewegung begann, wusste ganz Bulgarien davon. Das ist unser zweiter Aprilaufstand. Wir Bulgaren können nicht um diese Seite unserer Geschichte gebracht werden", erklärte Petar Stojanow Jahre später in einem Interview für den BNT.
Mazedonien ist leider auch die tragischste Seite in der bulgarischen Geschichte. Zu dieser Tragödie gehört auch, dass Stefan Stambolow, der Staatsmann, der Bulgarien nach der Befreiung emanzipiert und modernisiert hat, 1895 im Zentrum von Sofia von mazedonische Bulgaren unter der Führung des professionellen Terroristen Naum Tyufekchiev aus Resen bestialisch niedergemetzelt wurde. 
Übersetzung: Georgetta Janewa



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