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Kleine Lazarus-Mädchen im Dorf Mirowjane bei Sofia

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Heute wird in Bulgarien der Lazarus-Tag begangen – genau 8 Tage vor Ostern. Obwohl der Lazarus-Tag, wie schon der Name besagt, dem Wunder der Auferstehung des Lazarus gewidmet ist, tragen die typischen Volksbräuche zu diesem Fest keinen streng christlich-religiösen Charakter - von ihnen sprüht viel Lebensfreude. Die Lazarus-Lieder dürften einst nur von jungen, unverheirateten Mädchen gesungen werden. Sie kleideten sich festlich und trugen Kränze aus grünen Weidenruten und Blumen. Die Lieder, die die sogenannten Lazarus-Mädchen sangen, preisen die Liebe und die Zuneigung unter den Verlobten und Jungvermählten. Nicht selten enthalten sie auch Voraussagen, wann und wen ein Mädchen heiraten wird.


Der Dorfumzug der Lazarus-Mädchen, bei dem sie in all jene Häuser einkehren, wo heiratsfähige Mädchen und Burschen wohnen, gehört eigentlich zu den ausnahmsweise erlaubten frohen Bräuchen vor der Karwoche. In den Lazarus-Liedern sind Segenssprüche und Glückwünsche enthalten. Der jungen Braut wird gewünscht, dass sie bald eine goldene Kinderwiege zu Hause hat, den kleinen Kindern - dass sie neue Geschwister bekommen.


„Wer als Lazarus-Mädchen auftreten will, kann im Kulturhaus die entsprechende Tracht und die Liedtexte erhalten.“ Auf solche Angebote stößt man in den sozialen Netzen immer häufiger. Die Lazarus-Bräuche sind vor allem in den Dörfern bis heute noch sehr populär und attraktiv. Wir schauten uns im Dorf Mirowjane um, das sich unmittelbar in der Nähe von Sofia befindet und von vielen Bulgaren als ein Viertel der Hauptstadt angesehen wird. Wir trafen dort die 14jährige Kristalina Anastassowa, die an der Nationalen Kunstschule in Sofia lernt. Sie liebt aber ihr Geburtsdorf über alles und beteiligt sich häufig an den Initiativen des örtlichen Kulturhauses, wo die alten Traditionen gepflegt werden.

„Seit ich 10 Jahre alt bin, besuche ich das Kulturhaus regelmäßig“, sagte uns das Mädchen. „Dort kann ich malen, singen, an kleinen Theateraufführungen teilnehmen und mich mit Gleichaltrigen treffen. Bei mir in der Familie singt keiner und so lerne ich die Volkslieder im Kulturhaus. Ich finde, dass es schön ist, wenn man die Traditionen pflegt. Das gefällt auch den älteren Menschen – es macht sie glücklich, weil sie sich an die eigene Jugendzeit erinnern. Es ist gut, nicht nur in die Zukunft zu schauen, sondern sich auch der Vergangenheit zu besinnen. Wenn ich mich an der Ausübung der alten Bräuche beteilige, fühle ich mich nützlich und trage dazu bei, dass die Traditionen in unserem Dorf erhalten bleiben. Im Kulturhaus habe ich viel über die Feiertage unseres Volkes erfahren. Mein Lieblingsfest ist der Lazarus-Tag. Das Fest beginnt bereits in den frühen Morgenstunden. Wir ziehen uns die Trachten an und legen uns die Kränze auf den Kopf, die wir bereits am Vortag gewunden haben. Zuerst geht es in die Kirche, wo die Geschichte über die Auferweckung des Lazarus erzählt wird. Dann gehen die Lazarus-Mädchen von Haus zu Haus und tragen Lieder vor. Für jedes Familienmitglied wir ein spezielles Lied, entsprechend seiner Stellung, gesungen. Die Leute freuen sich sehr, beschenken uns mit Eiern, Süßigkeiten und geben uns ab und zu auch Geld. Daraufhin begeben wir uns zum Fluss, wo wir unsere Kränze ins Wasser werfen. Jenes Mädchen, dessen Kranz als erstes die nahe Brücke erreicht, wird zu unserer Anführerin und lädt uns in sein Haus ein. Dort teilen wir die Geschenke unter uns auf; es wird wieder viel gesungen und gefeiert. Es ist wirklich ein bleibendes Erlebnis.“



Diese junge Folkloregruppe des Dorfes Mirowjane hat die Lazarus-Lieder noch nicht aufgenommen, bietet sie aber so dar, wie es seit Jahrhunderten Brauch ist. Manchmal kommt es vor, dass die Mädchen  wegen schlechten Wetters eine Jacke anziehen und die Tracht verdecken müssen. Manchmal ziehen sie auch festes Schuhwerk an, wenn es regnet und die Straßen des Dorfes schlammig geworden sind. Auch wenn in einem Jahr noch keine Blumen im Garten blühen, greifen sie auf künstliche zurück. Doch das ist auch schon alles an Kompromissen. Die Rituale an sich werden eingehalten, damit in den Häusern der Menschen „Jugend und Schönheit einkehren und das Haus und seine Bewohner gesegnet“ werden.

Foto: Privatarchiv

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow





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