Die Historiker aus Nordmazedonien haben ihre Arbeit in der bulgarisch-mazedonischen Kommission für strittige historische und Bildungsfragen zeitweilig eingestellt. Über die Schwierigkeiten bei der Arbeit der Kommission berichtet für Radio Bulgarien ihr Kovorsitzender, der Historiker und Diplomat Prof. Dr. Angel Dimitrow.
„Es gab eine Kommission der bulgarischen und der mazedonischen Regierungen, die beschlossen hatte, dass gegen Jahresende bestimmte Ergebnisse vorliegen müssen, doch wir sind vom Wunsch und vom Möglichen noch sehr weiter entfernt. Meine Einschätzung ist insbesondere für dieses Jahr unbefriedigend, da eine spürbare Veränderung im Verhalten der Kollegen gegenüber der Arbeit der Kommission, im Verständnis ihres Wesens und des Vertrages für Freundschaft und gutnachbarschaftliche Beziehungen eingetreten ist.“
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Position der mazedonischen Kollegen und dem Veto Frankreichs auf die EU-Beitrittsverhandlungen?
„Nein, das würde ich nicht sagen. Auf dem vierten Treffen in diesem Jahr wurden die besten Ergebnisse erzielt. Die gemischte Kommission hat entschieden, dass es gut ist, in beiden Staaten die Heiligen Kyrill und Method gemeinsam zu feiern, dass der 24. Mai in seinem Ursprung ein bulgarischer Festtag ist, dass bemerkenswerte Persönlichkeiten aus dem Mittelalter wie der Heilige Kliment von Ohrid und der Heilige Naum gemeinsam geehrt werden sollten, dass Zar Samuil ein bulgarischer Herrscher ist. Als wir uns aber der modernen Zeit angenähert haben, ist eine wesentliche Veränderung eingetreten. Goze Deltschew ist eine positive historische Figur, die beide Staaten vereint. Unsere Kollegen können jedoch offensichtlich schwer verstehen, warum in ihrer Interpretation einige Korrekturen vorgenommen werden müssen.“
Der nordmazedonische Präsident Stevo Pendarovski sagte gegenüber einem TV-Sender in Skopje: „Warum brauche ich Goze Deltschew, wenn er ein Bulgare ist?"
„Nun, genau hier haben die Kollegen ein Problem. Sie werden von der Logik der Negation getrieben. Sie vermeiden den Begriff "gemeinsame Geschichte" und wollen stattdessen den Begriff "geteilt" einführen. Das aber verändert jenes Fundament, das wir gemeinsame Geschichte nennen. Das ist die Formierung der bulgarischen Volksgemeinschaft auf einem gemeinsamen Territorium bereits im 9. und 10. Jh. Unabhängig der Entwicklung der historischen Umstände ist das ein Bewusstsein für eine gemeinsame Vergangenheit, das bis in die Zeit der Bulgarischen Wiedergeburt 18./19. Jh. andauert und der nationalen Befreiungsbewegung in Mazedonien und Ostthrakien zugrunde liegt.“
Der nordmazedonische Präsident erwähnte auch, dass es gut wäre, ausländische Experten heranzuziehen.
„Es handelt sich um einen bilateralen Vertrag zwischen zwei Staaten und eine äußere Einmischung wäre fehl am Platz. Ich persönlich wüsste nicht welche angesehenen Spezialisten sich als Mentoren zu uns setzen könnten. Das eigene Wissen und die Möglichkeit, mit wissenschaftlichen Argumenten zu überzeugen, in Frage zu stellen, ist ein ernsthaftes Problem.“
Welche Erwartungen haben Sie für die Arbeit der Kommission 2020?
„Bei unserem letzten Treffen haben unsere Kollegen einseitig beschlossen, die Arbeit einzustellen, um die bevorstehenden vorgezogenen Parlamentswahlen in Nordmazedonien nicht zu stören. Bisher hatten sie hartnäckig behauptet, dass sie ohne politischen Druck arbeiten. Jetzt aber erweist sich die Arbeit der Kommission plötzlich als ein internes politisches Problem. Für uns ist das unbegründet und inakzeptabel. Bei dieser politischen Unklarheit in Nordmazedonien ist es schwer zu sagen, wann die Kommission ihre Arbeit wieder aufnehmen kann. In Abhängigkeit der Wahlergebnisse können wir eine leichte Wiederbelebung und Rückkehr zur Anfangsphase unserer Arbeit erwarten oder wir werden Zeugen einer vollständigen Blockade sein, was ein sehr schlechtes Zeichen für das Verhältnis zum Freundschaftsvertrag sein wird.“
Es macht Eindruck, dass die Position, die die bulgarischen Experten in der Kommission vertreten, vom gesamten politischen Spektrum in Bulgarien unterstützt wird. Hoffen Sie, dass diese Unterstützung auch in Zukunft fortgesetzt wird? Besteht vielleicht in Skopje die Erwartung, dass sich die bulgarische Position verändert?
„Ich kenne das Leben in unserem jungen Nachbarstaat sehr gut. Dort herrscht die Meinung vor, dass „Bulgarien uns nicht behindern wird“ und das stimmt auch. Bulgarien hat keinen solchen Wunsch. Aber sie bilden sich ein, dass jemand erneut Bulgarien das Einverständnis mit allem, was aus Skopje kommt, aufzwingen kann. Das wird natürlich nicht passieren. Ich bin überzeugt, dass die Unterstützung für die europäische Integration Nordmazedoniens beibehalten werden wird, wie auch für die NATO, denn die Teilnahme unseres Nachbarlandes in diesen Strukturen wird zu positiven Veränderungen im Leben Nordmazedoniens führen. In der gleichen Zeit werden wir aber auf die Erfüllung des Freundschaftsvertrages bestehen. Andererseits werden wir, während wir die europäische Integration vorantreiben, fordernd genug sein, um den Vertrag über Freundschaft und Nachbarschaft umzusetzen. Das ist für den Aufbau freundschaftlicher und guter nachbarschaftlicher Beziehungen unerlässlich.Es darf nicht vergessen werden, dass die Vorfahren von rund einer Million Bulgaren mit Mazedonien verbunden waren. Es ist sehr wichtig zu wissen, dass das in dieser für politische Erdbeben gefährdeten Region eine der besten Garantien für die Schaffung von mehr Sicherheit und Möglichkeiten für Prosperität ist.“
Übersetzung: Georgetta Janewa
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