Vor einem Jahrhundert tranken die Bulgaren gern bei Schwätzen ihren Kaffee a la turka (türkischer Art) und wenn er nicht süss genug war, naschten sie dazu Süßigkeiten wie Baklawa, Tolumba oder Lokum. Während sie von Tabakqualm umwoben über Politik sinnierten, tranken sie Absent und für die gute Verdauung das jahrhundertelang erprobte Schnapsgetränk Rakia.
Welche Versuchungen „lauerten“ auf die Bulgaren und kannten sie das „Geheimnis des Glücklichseins", nämlich den Versuchungen nachzugeben, wie es Oscar Wilde formulierte. Die Antwort auf diese Frage finden die Besucher der Ausstellung „Laster“ im Nationalen Museum für Polytechnik.
Die erste Station dieser „Reise“ trägt den vielsagenden Titel „Alkohol&Verpackungen”
“Es ist interessant zu vermerken, dass damals die 0,5 und 0,7 Liter-Flaschen nicht sehr verbreitet waren und die meisten Getränke in 300 ml-Fläschchen verkauft wurden“, erklärt Madeleine Janewa von der Abteilung „Öffentlichkeitsarbeit“ im Nationalen Museum für Polytechnik.
„Manche dieser kleinen Flaschen sahen wie echte Kunstwerke aus, ähnelten mit ihren Umrissen der Silhouette eines nackten weiblichen Körpers oder einer Meerjungfrau, je nach Vorstellung des Konsumenten“, erzählt Madeleine Janewa weiter und nennt einen weiteren Unterschied zu den heute üblichen Flaschen. Er bestand darin, dass sie keine Papieretiketten hatten. Die Marke, der Hersteller und das Jahr wurden damals direkt auf dem Glas eingraviert.
In der Abteilung „Tabak, Schnupftabak und Co.“ ist die Verbreitung des Tabaks auf den bulgarischen Territorien und die Kommerzialisierung dieses menschlichen Lasters nachgezeichnet.
Ausgestellt sind Zigarettenschachteln, Pfeifen, Schnupftabakdosen, die vom Historischen Museum in Gorna Orjachowiza zur Verfügung gestellt wurden, andere Exponate und drei wertvolle Gegenstände aus der so genannten Palast-Sammlung des Polytechnischen Museums.
„Einer dieser Gegenstände aus der Palast-Sammlung ist ein silbernes Etui, ein Geschenk für Zar Ferdinand von der Namenlosen Aktiengesellschaft der vereinigten Tabakfabriken von 1912 anlässlich des 25. Jahrestages seiner Inthronisierung“, informiert Madeleine Janewa und fügt hinzu, dass die Schatulle nach einem Projekt des Künstlers Haralampi Tatchew im Atelier des berühmten Wiener Juweliers Georg Adam Scheid hergestellt wurde. Die Tabakdose ist mit farbigen Emails, Rubinen, Saphiren sowie einer wunderschönen Landschaft der Hügel von Plovdiw verziert.
Das andere Exponat ist eine luxuriöse Zigarrenenschachtel, ein Geschenk von Dimiter Stavridis, Eigentümer der „Tabakfabrik Orel“ in Plowdiw und Produzent der ersten bulgarischen Zigarren als Erinnerung an die Eröffnung der Plowdiwer Messe im Jahr 1892.
Gezeigt wird auch ein osmanisches Kaffeeset, bestehend aus 11 Tassen, in einer wunderschönen Schachtel mit dem Zeichen des Sultans Abdul Hamid II, das Ende des 19. Jahrhunderts in den russischen Porzellanfabriken in Kusnezk hergestellt wurde.
In der Sparte "Zucker, Kaffee und Co" liegt der Schwerpunkt auf der Schlüsselrolle von Gorna Orjahowiza in der Herstellung von Süßwaren. Neben Süßigkeiten wurde auf den Straßen der Stadt Salep verkauft, die "Limonade" der alten Bulgaren, hergestellt aus Orchideenknollen, die mit Zucker oder Honig versüßt wurde.
Die Besucher der Ausstellung erfahren anhand von Fotografien, welchen Weg die Händler von Naschereien zurücklegen mussten, um zu seriösen Produzenten von Süßwaren zu werden.
Beim Rundgang durch die Ausstellung im National Polytechnischen Museum, die bis Ende Mai zu sehen sein wird, stellen die Besucher fest, dass sich die Versuchungen im Laufe der Zeit nicht wesentlich verändert haben. Nach wie vor sind die Bulgaren für alle „Sünden“ offen - Süßigkeiten naschen, ein schönes Getränk genießen, genüsslich eine Zigarette qualmen. Wie Madeleine Janewa zusammenfasst, müssen sie sich gar nicht ändern, denn wie der Volksmund sagt: „Blinder Eifer schadet nur.“
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: Nationales Polytechnisches Museum
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