In diesem Jahr feiert Radio Bulgarien sein 85-jähriges Bestehen. Bis heute hat es einen besonderen Stellenwert in Bulgarien als einziges Medium, das Informationen über Bulgarien in 10 Sprachen verbreitet. Im vordigitalen Zeitalter erfreute sich das mehrsprachige Programm des Bulgarischen Nationalen Rundfunks viele Jahre lang im Ausland großer Beliebtheit, in Bulgarien selbst war es jedoch kaum bekannt. Dafür gibt es einen plausiblen Grund. Die fremdsprachigen Programme über den Alltag, die Musik, Kultur und Geschichte unseres Landes wurden für das Ausland und auf Bulgarisch für die Bulgaren auf der ganzen Welt auf der Kurz- und Mittelwelle ausgestrahlt.
„Als unsere Sendungen ins Internet gestellt wurden, um mehr Menschen auf der ganzen Welt zu erreichen, eine Art Revolution, waren sie auch für die Bulgaren im Land erreichbar“, sagt Milen Beltschew, der viele Jahre Chefredakteur der fremdsprachigen Sendungen von Radio Bulgarien war.
„Während die Programme vor der Wende 1989 ideologisch angehaucht waren, verwandelten sie sich danach in eine objektive Informationsquelle“, vermerkt Milen Beltschew und erinnert daran, dass Radio Bulgarien in den 1990iger Jahre zu den besten Auslandssendern gehört hat und von den Kollegen der BBC „Das BBC des Balkans“ genannt wurde.
2004 mit Angel Nedjalkow an der Spitze von Radio Bulgarien wurde die erste Internetseite des Bulgarischen Nationalen Rundfunks (BNR) ins Lebengerufen, die vollständig von Radio Bulgariens Programmen in 11 Sprachen gespeist wurde – Bulgarisch, Englisch, Deutsch, Russisch, Französisch, Spanisch, Serbisch, Griechisch, Albanisch, Türkisch und Arabisch. Die Seite fand sofort große Anerkennung, wurde auch von ausländischen Experten gelobt und mehrfach ausgezeichnet. Noch im gleichen Jahr wurde sie auf dem Internationalen Web Festival in Albena zur „Internetseite des Jahres“ gekürt.
Milen Beltschew ist überzeugt, dass das wertvollste Kapital von Radio Bulgarien seine Mitarbeiter sind, weil „die Menschen die Institution machen und nicht umgekehrt“.
„Bei Radio Bulgarien haben die besten Übersetzer gearbeitet und es ist sehr schwer alle Namen aufzuzählen, die eine Spur in der Geschichte von Radio Bulgarien hinterlassen haben“, sagt beltschew. „Ende der 1930er Jahre, als die Ausstrahlung der Sendungen begann, wurden die deutschen Beiträge von einem Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Sofia gelesen und auf Italienisch von Petar Uwaliew, einem der herausragenden Intellektuellen in der bulgarischen Geschichte", unterstreicht Milen Beltschew und fügt weitere Namen aus der neueren Geschichte von Radio Bulgarien hinzu – Wenzislaw Nikolow, der Verfasser des bulgarisch-spanischen Wörterbuchs, Milko Zonew, der Nikos Kazantzakis übersetzt hat, Katja Dimanowa, die für ihre Übersetzungen von Romanen aus dem Spanischen mehrere Preise vom Verband der Übersetzer erhalten hat. Zu nennen wären auch Iwan Awuski von der französischen Redaktion, der 30 Jahre Korrespondent der einflussreichen Sportausgaben wie „France Football“ und „L'Équipe“ war und die Kollegen von der albanischen Redaktion, die für alle offiziellen Gäste aus Albanien übersetzt haben, denn diese Sprache gehört zu den seltenen.
Milen Beltschew erinnerte sich auch an die Zeit, als die Sendeanlagen privatisiert wurden und Radio Bulgarien dem enormen Druck ausgesetzt wurde, seine Sendungen einzustellen. „Hunderte von Briefen und Telefonanrufen aus der ganzen Welt kamen mit einer einzigen Bitte an: "Tut es nicht!"
Milen Beltschew selbst hat 30 Jahre seines Dienstlebens im Rundfunk verbracht, zuerst als freier Mitarbeiter der türkischen Redaktion bis er die Karriereleiter hinauf zum Chefredakteur der Auslandssendungen erklimmen konnte. Er kennt die guten und schlechten Zeiten von Radio Bulgarien und erinnert sich an den so genannten Wiedergeburtsprozess, der 1984 begann und 1989 in einer Nacht- und Nebelaktion 360.000 bulgarische Türken zwang, ihre Häuser zu verlassen und Zuflucht in der benachbarten Türkei zu suchen. Für die Kollegen der türkischen Redaktion eine besonders schwere Zeit. Die Redaktion wurde geschlossen.
"Eines der ersten Dinge, die wir 1994 mit dem damaligen Direktor von Radio Bulgarien, Angel Nedjalkow, gemacht haben, war die Wiederherstellung der türkischen Programme im Land. Im gleichen Jahr wurde die russische Redaktion gegründet“, erinnert Milen Beltschew.
Er ist überzeugt, dass die Kraft von Radio Bulgarien im kollektiven Geist und der Teamarbeit der einzelnen Redaktionen liegt.
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: Archiv
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