Das Treffen zwischen dem bulgarischen und dem nordmazedonischen Ministerpräsidenten in Skopje am 18. Januar 2022 wurde mit einer Geste Nordmazedoniens eingeläutet, die über zwei Jahre auf sich warten ließ. Auf Antrag Bulgariens wurde bei der UNO eine schriftliche Klarstellung von Nordmazedonien eingereicht, dass der im Prespa-Vertrag zwischen Griechenland und Nordmazedonien vereinbarte Landesname keine territorialen Ansprüche auf den bulgarischen Teil des geografischen Gebiets Mazedonien hat, der sich ebenfalls nördlich der griechischen Grenze befindet. Der nordmazedonische Ministerpräsident Dimitar Kovačevski betonte: „Bulgarien hat angenommen, den kurzen Landesnamen Nordmazedonien anstelle des längeren Republik Nordmazedonien zu verwenden. Es wird ausdrücklich bekräftigt, dass beide Namen gleichermaßen gültig sind und sich nicht auf die territoriale Integrität Bulgariens beziehen.“
Der bulgarische Premierminister Kiril Petkow will die volle Umsetzung des 2017 unterzeichneten Vertrags über Freundschaft und gute Nachbarschaft sehen. Das soll auch mit Hilfe von fünf gemischten Arbeitsgruppen erfolgen, die am 25. Januar in Sofia ins Leben gerufen werden und bis 2029 die Realisierung der geplanten Projekte unterstützen und verfolgen sollen. Eines davon ist der seit 140 Jahren verzögerte Bau einer Eisenbahnverbindung zwischen Skopje und Sofia. „Tatsache ist, dass es im 21. Jahrhundert undenkbar ist, keine Eisenbahnverbindung zwischen den beiden Hauptstädten zu haben. Das sollte als Beispiel für schlechtes Management unserer beiden Infrastrukturen dienen, das ein Ende haben muss“, betonte Petkow.
„Der Schritt der bulgarischen Regierung wird eine gewisse Bildungsrolle spielen – sie werden verstehen, mit was für einem Subjekt sie es zu tun haben und danach können die wahren Wege gefunden werden. Jetzt ist alles im Bereich der Romantik, denke ich.“ Mit diesen Worten kommentierte Iwan Nikolow, Direktor und Herausgeber der Zeitschrift „Bulgarien Mazedonien“, die Visite der bulgarischen Regierungsdelegation in Skopje. Auch beim Thema bilaterale Beziehungen sieht er eine Entwicklung in den nordmazedonischen Medien – es werden unterschiedliche Gesprächspartner eingeladen, es werden Dinge gesagt, die bisher tabu waren. Ist die Auslegung der Umsetzung des Vertrags aus dem Jahr 2017 das Hauptproblem heute?„Bei der Erörterung der Probleme zwischen Bulgarien und Nordmazedonien weichen wir von der eigentlichen Ursache ab. Ein Problem kann nicht gelöst werden, ohne seine Genese, seine Entwicklung zu kennen. Es sollte gesagt werden, dass während der Amtszeit der beiden Premierminister Iwan Kostow und Ljubčo Georgievski die meisten Verträge unterzeichnet wurden, über 50 Verträge, Vereinbarungen. Letzten Endes ist aber die Mauer, auf die jeder bulgarische Wunsch stößt, die Beziehungen zur Republik Nordmazedonien zu verbessern, sehr dick“, sagte Iwan Nikolow.
Nach dem Treffen in Skopje kündigte Premier Kiril Petkow an, den persönlichen Kontakt zu seinem nordmazedonischen Amtskollegen aufrechtzuerhalten, damit Probleme im Zusammenhang mit Hassreden zwischen beiden Ländern überwunden werden.
„Die Sprache des Hasses kommt von der Politik, die aus den Zeiten von Tito stammt, ja sogar noch weiter zurückliegt. Ich halte es für eine sehr bequeme These, das politische Problem durch ein historisches zu ersetzen. Wir leugnen nicht ihre Identität, die auf das Jahr 1944 zurückgeht. Wie sie aber durchgesetzt wurde, ist eine andere Frage. Sie sind eine politische Nation, die unter bestimmten ideologischen und geopolitischen Bedingungen entstanden ist. Sie wollen ihre Identität aber auch auf Menschen übertragen, die schon lange nicht mehr auf dieser Welt sind und die sich 100 Mal zu Bulgaren erklärt haben – Aufklärer und Revolutionäre“, erinnert Nikolow.
Nach den Gesprächen mit der bulgarischen Delegation bezeichnete der nordmazedonische Präsident Stevo Pendarovski den bulgarischen Ministerpräsidenten in einem Fernsehinterview als einen der größten Optimisten, den er je gesehen habe. Auch Iwan Nikolow schätzt die Situation als positiv ein. Er ist überzeugt, dass der bulgarische Ministerpräsident und sein Team in den angekündigten neuen bilateralen Arbeitsgruppen das Wesen der Probleme zwischen Sofia und Skopje verstehen werden. Und „wenn sie dann den gleichen Enthusiasmus haben, werden sie realistisch einschätzen können, was erreicht werden kann.“„Überhaupt bin ich als Ganzes davon überzeugt, dass es in Nordmazedonien sowieso eine Evolution geben wird, weil neue Generationen kommen. Diejenigen, die ihre dicken Bücher geschrieben haben, gehen einer nach dem anderen von uns. Unter den neuen Bedingungen glaube ich, dass ein Prozess stattfinden wird. Er wird sehr schwierig, qualvoll, langsam sein und wir müssen das Instrumentarium finden, um ihn zu beeinflussen“, so Iwan Nikolow abschließend.
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