Das Jahr brachte keinen Durchbruch in den Beziehungen zwischen Bulgarien und der Republik Nordmazedonien. Skopje hat keine EU-Beitrittsgespräche aufnehmen können. Martin Minkow, langjähriger Korrespondent des Bulgarischen Nationalen Rundfunks in Skopje, und der berühmte mazedonische Kolumnist Erol Rizaov äußerten sich vor Radio Bulgarien über die bilateralen Beziehungen im vergangenen Jahr:
Martin Minkow: „Es gibt auf beiden Seiten keine Bewegung jenseits der roten Linien.“
Erol Rizaov: „Der Zeitfaktor auf dem Balkan wird schrecklich unterschätzt. In diesem Fall ist jedoch Nordmazedonien der größte Verlierer, denn wir sind ein Land, das der EU beitreten möchte. In den letzten Tagen hat sich aber die Atmosphäre gebessert und einige Lösungen und Fortschritte sind möglich.“
Bulgarien besteht auf die Umsetzung des Vertrags über Freundschaft und gute Nachbarschaft von 2017. Abgesehen von den ergebnislosen Sitzungen der gemeinsamen Geschichtskommission sind alle anderen vereinbarten bilateralen Beziehungen noch unentwickelt. Auch die Sprache des Hasses auf nordmazedonischer Seite gegenüber Bulgarien und den Bulgaren wurde nicht beseitigt.
Erol Rizaov: „Das unterzeichnete Abkommen zwischen Bulgarien und Nordmazedonien ist gut. Aber dieser Vertrag müsste langsam umgesetzt werden, anstatt historischen Fragen den Vorrang zu geben.“
Martin Minkow: „Von der Anerkennung der Republik Nordmazedonien als unabhängigen und souveränen Staat bis 2019 haben wir diesem Land ein sehr großes Vertrauen entgegengebracht. Wir erwarteten eine Entwicklung in der Haltung der notdmazedonischen Gesellschaft gegenüber Bulgarien. Das passierte jedoch nicht, weil Nordmazedonien in keiner Weise mit den Ideologien des Makedonismus gebrochen hat. Es handelt sich um eine Ideologie, die vollständig auf ein antibulgarisches Verhalten basiert und nach einer Identität dieser jungen Nation sucht, die wir keinesfalls leugnen.“
Erol Rizaov: „Die Idee besteht darin, eine Geste zu machen, einen Schritt, um Verhandlungen mit der EU aufzunehmen, auch wenn sie dann 10 oder 20 Jahre dauern können. Ich bin davon überzeugt, dass mit der Eindringung bilateraler Fragen in die Verhandlungen der Westbalkan nicht der EU beitreten wird. Wenn wir einen stabilen Balkan wollen, ist es besonders wichtig, dass Bulgarien anders an Nordmazedonien herangeht. Was bisher gemacht wurde, war falsch - anstatt die Gemeinsamkeiten hervorzuheben, ging man von den Unterschieden aus.“
Martin Minkow: „Die Geschichte ist, wie sie ist. Sie basiert auf Tatsachen. Der Fehler beider Seiten besteht darin, die Geschichtskommission mit politischen Erwartungen zu belasten.“
Das Jahresende war von einem tragischen Unfall auf der Autobahn Struma geprägt, bei dem ein nordmazedonischer Bus ausbrannte. In den Flammen kamen 45 Menschen ums Leben. Zeigt das nicht, wie dringend der Bau des Europäischen Verkehrskorridors Nr. 8 ist?
Martin Minkow: „Ich möchte anmerken, dass die Tragödie nicht politisch ausgenutzt wurde. Früher oder später wird eine normale Straße gebaut werden. Es gibt keinen politischen Willen seitens der nordmazedonischen Regierung, den Korridor Nr. 8 zu bauen.“
Erol Rizaov: „Jemand in Bulgarien schlug geschickt vor, eine Autobahn namens „Gotze Deltschew“ zu bauen (ein Held der Befreiungsbewegung, über den Skopje behauptet, Mazedonier gewesen zu sein, obwohl er sich selbst als Bulgare bezeichnete, Anmerkung des Redakteurs). Das zwischen Bulgarien und Nordmazedonien unterzeichnete Abkommen ist gut und sieht genau das vor.“
Was können wir 2022 von den neuen Ministerpräsidenten in Sofia und Skopje erwarten?
Erol Rizaov: „Eine Nation entsteht nicht durch Entscheidungen oder Dekrete, sondern durch historische Prozesse. Leider verlangsamen wir historische Prozesse. Eines Tages wird Nordmazedonien der EU beitreten. Die verlorene Zeit, die Versperrung des Weges in die EU und die Wortgefechte, die wir uns liefern, werden noch lange im kollektiven Gedächtnis bleiben. Meinen sie, dass das gut ist?“
Martin Minkow: „Ich hoffe auf einen deutlich pragmatischeren Ansatz auf beiden Seiten. Der Premierminister Kyrill Petkow hat gegenüber der Financial Times angekündigt, dass Bulgarien einen neuen Prozess mit einem begrenzten Zeitrahmen von 6 Monaten vorschlagen wird. Eines ist jedoch sicher: Bulgarien wird nachdrücklich darauf bestehen, dass auf Hassreden verzichtet wird, die die Atmosphäre in der Öffentlichkeit in Nordmazedonien gegenüber Bulgarien vergiften.“
Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow
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