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Was die Bulgarien-Visite des serbischen Präsidenten Vučić gezeigt hat

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Foto: BTA

Ende vergangener Woche befand sich der Staatspräsident Serbiens Aleksandar Vučić zu einem offiziellen Besuch in Bulgarien. Er folgte dabei einer Einladung seines bulgarischen Amtskollegen Rumen Radew. Der Besuch in dem Land, das momentan die EU-Ratspräsidentschaft innehat, erfolgt zwei Wochen nach der Bekanntgabe der neuen Strategie der Europäischen Union für die Westbalkanstaaten, laut der Montenegro einem EU-Beitritt am nächsten stehe. Zwei Tage nach den Gesprächen von Vučić in Sofia, befindet sich heute der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker zu einem Besuch in der serbischen Hauptstadt Belgrad.

Die Visite von Vučić wurde mit großer Aufmerksamkeit auch wegen der Tatsache beobachtet, da er zu den hervorragendsten Politikern des westlichen Nachbarstaates Bulgariens gehört. Als Vorsitzender der Serbischen Fortschrittspartei seit ihrer Gründung im Jahre 2008, war Aleksandar Vučić von 2012 bis 2017 Ministerpräsident Serbiens. Er nominierte nicht nur die derzeitige Premierministerin Ana Brnabić, sondern wurde auch zu einem Zeitpunkt Staatsoberhaupt Serbiens, der für die europäische Perspektive des Landes überaus wichtig ist. Die Mitte-Rechts-Orientierung von Vučić fällt mit der der in Bulgarien regierenden GERB-Partei zusammen. Auch die Regierungszeiten der Präsidenten beider Länder fallen in etwa zusammen. Diese Tatsachen lassen die Schlussfolgerung zu, dass bei den Gesprächen in der vergangenen Woche die Richtungen für die bilaterale und internationale Zusammenarbeit mindestens für die kommenden drei Jahre umrissen wurden.

Nach den Unterredungen gaben beide Staatsoberhäupter eine gemeinsame Pressekonferenz, auf der deutlich wurde, dass Bulgarien das Nachbarland Serbien auch weiterhin auf seinem Weg in die Europäische Union unterstützen werde. Staatspräsident Rumen Radew betonte, dass die Unterstützung für die Umsetzung der Reformen und die gutnachbarschaftlichen Beziehungen gelte. Daraus geht indirekt hervor, dass diese Unterstützung durchaus nicht bedingungslos gewährt wird. Sofia werde sicherlich weiter darauf drängen, dass die Unstimmigkeiten zwischen Serbien und dem Kosovo geklärt werden. Die bulgarische Seite werde ferner nicht auf einen aktiven Schutz der bulgarischen Minderheit in Serbien verzichten. Radew forderte ausdrücklich von Vučić Maßnahmen, die Fortschritte in jenen Gebieten generieren sollen, in denen vornämlich bulgarische Minderheiten leben. Vereinbart wurde, dass in den Gegenbesuch Radews in Serbien, speziell die betreffenden Gebiete einbezogen werden. In Bezug auf dieses für Bulgarien wichtigem Thema versicherte Vučić, dass sich Serbien bemühen werde, die Zahl der Schüler weiter zu erhöhen, die die bulgarische Sprache erlernen.

Unmittelbar vor seiner Visite in Sofia führte Aleksandar Vučić Gespräche mit dem russischen Außenminister Sergei Lawrow in Belgrad. Dabei hatte Vučić geäußert, dass Serbien nicht gewillt sei, sich im Namen einer europäischen Integration einem eventuellen Druck zu beugen und einen Kurswechsel vorzunehmen, insbesondere was die angestrebte Verbesserung der Beziehungen zu Russland anbelangt. Serbien wolle keine Sanktionen gegen Russland einführen und werde der Russischen Föderation weiterhin dankbar sein, dass sie die „territoriale Integrität Serbiens und die serbische Haltung zum Kosovo unterstützt“. Diese Einstellung Serbiens wurde während der Gespräche in Sofia nicht angeschnitten. Daraus wird ersichtlich, dass die bulgarische Seite für sie Verständnis aufbringt, sie vielleicht sogar wohlwollend betrachtet und sich in den weiteren Beziehungen zu Serbien hauptsächlich von pragmatischen Erwägungen heraus leiten lassen werde.

Und tatsächlich überwogen in den Gesprächen in Sofia Fragen mit einem betont pragmatischen Charakter. Auf Präsidentenebene wurde die Hoffnung geäußert, dass die Zusammenarbeit in der Verbundenheit in Infrastruktur und Energie in kurzfristiger Sicht vertieft werde. Als Projekte mit einer Priorität für beide Länder wurden die Fertigstellung der Autobahn zwischen Sofia und der serbischen Stadt Niš, die Kopplung der Gasnetze beider Länder, die Optimierung und Elektrifizierung der Bahnverbindung zwischen Bulgarien und Serbien und die Einrichtung weiterer Übergangsstellen entlang der gemeinsamen Grenze sowie die Erhöhung der Effektivität der bestehenden Grenzpunkte hervorgehoben. Vučić erinnerte vor Journalisten auch daran, dass es etliche Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit innerhalb der Verteidigungsindustrie gebe.

Im Rahmen der Visite des serbischen Staatspräsidenten Aleksandar Vučić in Sofia wurden auf Ministerebene drei Memoranden über Zusammenarbeit zwischen Bulgarien und Serbien unterzeichnet: Ein Memorandum zur Verbesserung der Effizienz des Eisenbahnverkehrs sowie ein Memorandum über die Zusammenarbeit bei der Entwicklung der Donau-Hafeninfrastruktur, die für die Verknüpfung der Gasnetze notwendig sei. Das dritte Dokument zielt auf die bilaterale Kooperation im Bereich Arbeit und Sozialpolitik ab und speziell auf den Erfahrungsaustausch innerhalb der Integration von Behinderten, der Gesetzgebung im Arbeits- und Sozialversicherungswesen und der Politik zur Förderung von Beschäftigung und Berufsausbildung.

Übersetzung und Redaktion: Wladimir Wladimirow



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