Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Sensorische Methode deckt unsichtbare Verbindungen zwischen Stadtbewohnern auf

БНР Новини

Durch Einwirkung auf die Sinneswahrnehmungen will eine ungewöhnliche Ausstellung die Kommunikation zwischen Menschen aus einem gemeinsamen Umfeld erleichtern. Das Ziel des Unterfangens ist, dass sie ihre Unterschiede überwinden, sich miteinander verbunden fühlen und gemeinsam die Stadt erschließen, welche sie tagtäglich mit ihren Emotionen und Erlebnissen bereichern.

Denn eine Stadt machen nicht nur ihre Gebäude, Straßen und Gehwege aus, sondern auch die Erfahrungen ihrer Bewohner. Deshalb versuchen Wissenschaftler, eine Stadt zu ergründen, indem sie die Kommunikationen und Beziehungen, die die Stadtbewohner untereinander eingehen, unter die Lupe nehmen. Auf diese Methodik setzen auch die Wissenschaftler vom Lehrstuhl „Ethnologie“ bei der Plowdiwer Universität. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die Zonen von Sensibilität und Sensorik zwischen Menschen mit Behinderungen und Behörden zu erforschen. Während einer internationalen Konferenz in Plowdiw stellten sie ihr Projekt „Sensorische Ethnographie der Stadt“ vor.

Sensorische Ethnographie ist ein wissenschaftliches Verfahren, das Arbeit vor Ort voraussetzt. Wir begeben uns zu einem bestimmten Ort und beobachten die Menschen mit ihren Beziehungen und Kulturmodellen“, erklärt Meglena Slatkowa. „Unser Forschungsobjekt bei diesem Projekt ist die Stadt als unser gemeinsamer Wohnort. Wir haben den Akzent auf die Sensorik gesetzt, da sie die unsichtbaren Verbindungen zwischen den Stadtbewohnern aufdeckt. Denn wir alle haben Sinneswahrnehmungen und fühlen, sehen, hören, riechen, kosten und spüren die Stadt.

Die Wahl der Wissenschaftler für ihre Studien vor Ort fiel auf zwei Sozialbehörden. Dort wurden sie Zeuge, wie Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen auf Unverständnis und die Unmöglichkeit stoßen, ihre Bürgerrechte wahrzunehmen. Wenn beispielsweise ein blinder Mensch bestimmte Dokumente ausfüllen muss, sieht er sich gezwungen, sich einem zufälligen Menschen anzuvertrauen und ihm seinen Personalausweis auszuhändigen, da es den Angestellten verboten ist zu helfen. Mit ganz einfachen Maßnahmen ließe sich dies – durch Aufschriften für Sehbehinderte in den Büros und durch Akustikhilfen. Und das ist nur ein Beispiel, das in der Diskussion „Die Institutionen im „Dialog“ mit Bürgern mit Behinderungen“ angeführt wurde.

Снимка

Das Wort „Dialog“ steht nicht von ungefähr in Anführungsstrichen, denn wir haben die Schwierigkeiten infolge der unterschiedlichen Sensorik der Bürger bei der Kommunikation mit den Institutionen gesehen“, erklärt Meglena Slatkowa. „Und auch die Schwierigkeiten, die im Gegenzug auch die Sozialmitarbeiter haben sowie deren Unvermögen, sich mangels spezialisierter Ausbildung in die Lage der Menschen mit Behinderungen zu versetzen. Während wir vor Ort waren, haben sie ihre Probleme mit uns geteilt, die auch aus der Politik des Staates resultieren. Bedauerlicherweise können wir ihnen keine Lösung aufzeigen. Aber es liegt in unserer Hand, die kleinen Dinge zu ändern – indem wir beispielsweise jeden Menschen achten, damit er sich nicht diskriminiert fühlt, nur weil er eine Behinderung hat.

Das ist auch die Botschaft der interaktiven sensorischen Ausstellung, die im Rahmen der Konferenz eröffnet wurde. Nur, wenn wir uns in die Lage des anderen versetzen, werden wir ihn verstehen und mit ihm unsere gemeinsame Welt gleichberechtigt teilen können.

Снимка

In der Ausstellung kann jeder in die Rolle eines Menschen mit Behinderungen oder eines Sozialarbeiters schlüpfen. Wir setzen auf Audioinstruktionen und bestimmte Gerüche, die am häufigsten in den Warteräumen der Institutionen vorkommen, damit sich die Menschen mittels sensorischer Aufgaben der Schwierigkeiten bewusst werden, die beide Seien haben. Um beispielsweise nachvollziehen zu können, was ein sehbehinderter Mensch empfindet, bekommt man die Aufgabe, Dokumente mit verbundenen Augen auszufüllen. Indem man die Audioinstruktionen befolgt, muss man die Aufgabe mit Hilfe einer Schablone meistern, die die Arbeit von sehbehinderten Menschen erleichtert. Die von uns ausgearbeiteten Hilfsmittel werden wir unterschiedlichen Sozialbehörden zur Verfügung stellen, inklusive dem Nationalen Zentrum zur Rehabilitation von Blinden, wo man bereits Interesse dafür bekundet hat."

Übersetzung: Rossiza Radulowa

Fotos: Privatarchiv und aceamediator.com



Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Wissen Sie, was ein „Philton“ ist?

Im Jahr 2009 setzte unser Landsmann Anton Orusch den Anfang seiner Sammlung, die der bulgarischen Technik gewidmet ist. Unter den Exponaten befinden sich Fernseher, Radios, Haushaltsgeräte, Computer, Telefonapparate, Registrierkassen usw.  Nach und..

veröffentlicht am 15.06.24 um 11:30

Lavendelfestival lässt uns in die malerische Schönheit des Dorfes Sredno Gradischte eintauchen

Die zehnte Ausgabe des Nationalen Lavendelfestivals findet am 14. und 15. Juni im Dorf Sredno Gradischte bei Tschirpan statt. Dort befinden sich einige der ältesten Lavendelplantagen des Landes, die seit mehr als 80 Jahren bestehen. Das..

veröffentlicht am 15.06.24 um 11:10

Das Nationale Archäologische Museum beteiligt sich an den Europäischen Tagen der Archäologie

Die Initiative Europäische Tage der Archäologie 2024, die in mehreren europäischen Ländern stattfindet, bietet einen anderen Blick auf die Wissenschaft der Archäologie - als Grundlage für Kommunikation, öffentliche Teilhabe am europäischen Erbe und..

veröffentlicht am 15.06.24 um 09:40