Rajna Konstantinowa: Ich wünsche euch Erfolg in diesen schwierigen Zeiten!
Radio ist Stimme und Mitgefühl. Verliert eure Stimme nicht!
Rajna Konstantinowa gehört zu den Persönlichkeiten, die ihre gesamte berufliche Laufbahn dem Rundfunk gewidmet haben. In den letzten Jahren war sie Vorsitzende des öffentlichen Rates beim Bulgarischen Nationalen Rundfunk, leitete lange Zeit davor das Rundfunkdepartement in der Europäischen Rundfunkunion (EBU) in Genf. Mehr als zwei Jahrzehnte ihrer beruflichen Laufbahn waren Radio Bulgarien gewidmet.
Von der Pike auf
“Ich bin 1973 mit 24 Jahren zur englischen Redaktion als literarische Mitarbeiterin gekommen und war für die Hörerpost zuständig“, erinnert sich Rajna Konstantinowa und fügt hinzu, dass damals Tausende Briefe aus Großbritannien, den USA, Westeuropa und Australien in der Redaktion eintrafen.
„Es war eine aufregende Zeit. Man betrat in eine neue Welt und machte Journalistik für das Ausland. Das war einzigartig, weil es niemanden gab, der uns das lehren konnte. Rückblickend kann ich sagen, dass das die beste Zeit meiner professionellen Jugend war. Ich habe mit jungen Menschen gearbeitet, die gebildet und fröhlich waren, zur gleichen Zeit skeptisch gegenüber den Dingen, so wie intelligente Menschen halt sind“, erzählt Rajna Konstantinowa und sagt, dass die Kollegen sympathisch und unvoreingenommen waren und sich große Mühe gaben, dass die Stimme von Radio Bulgarien rein, aufrichtig und kompetent ist.
Von der Verantwortlichen für die Hörerpost zur Redakteurin
„Das Gute damals war, dass wir die Freiheit hatten, eigene Sendungen in der jeweiligen Sprache zu machen. Jede Sprachredaktion produzierte ihr eigenes Programm. Natürlich gab es auch gemeinsame Themen und Beiträge, die von allen Redaktionen übersetzt wurden. Wir hatten sehr viele Hörer, die Freunde unseres Landes geworden waren, dabei hatten manche von ihnen vorher gar nicht gewusst, wo sich unser Land befindet. Wir haben es aber irgendwie geschafft, das für Bulgarien Typische und Schöne herauszustreichen. Das hat sie animiert, auf die Landkarte zu schauen, das Internet gab es damals noch nicht. Sie schrieben Briefe und wurden Freunde Bulgariens.“
In 7-8 Ländern gab es damals Klubs der Freunde von Radio Bulgarien
„Es herrschte eine tolle Atmosphäre und das Wichtigste war, dass wir lernten, unvoreingenommene Journalisten zu sein. Wir waren stolz darauf, Journalismus in einer Fremdsprache zu betreiben und etwas abseits von der damals herrschenden Zensur zu sein. Irgendwie haben wir uns so „durchgewurstelt“, lacht Rajna Konstantinowa und schwärmt von „der wunderbaren und aufregenden Zeit mit Menschen, die einem das Gefühl gaben, etwas Sinnvolles zu tun“. Sie bringt ihre Freude zum Ausdruck die Gelegenheit gehabt zu haben, mit Tamara Gerowa zusammenarbeiten zu dürfen, die Gattin des bekannten Poeten Alexander Gerow. „Sie wachte über uns und freute sich über unseren Enthusiasmus und unser Anderssein vor dem Hintergrund der damals regimetreuen Journalistik.“
Im Laufe der Jahre bekleidete Rajna Konstantinowa verschiedene Posten beim BNR. Sie leitete die englische Redaktion und in den 1990er Jahren, der turbulentesten Zeit unserer jüngsten Geschichte, war sie Programmdirektorin, stellvertretende Intendantin des BNR und Chefredakteurin von Radio Bulgarien.
“Es war eine revolutionäre Zeit nach der Wende von 1989, sagt Rajna Konstantinowa sichtlich bewegt. „Wir haben gespürt, dass es das war, was wir schon immer machen sollten. Das Land brodelte, alles veränderte sich. Wir waren gezwungen, manche Dinge zum ersten Mal zu machen und mussten erneut lernen. Es kamen junge Leute, die genau das arbeiten wollten, die lernten und das Gelernte weitergeben wollten. Das können nur jene richtig verstehen, die diese Zeit miterlebt haben. Es mag nostalgisch klingen, aber es ist auch eine sehr schöne Erinnerung“, betont Rajna Konstantinowa.
Wie sollte die Zukunft von Radio Bulgarien aussehen
„Ich würde mir wünschen, dass Radio Bulgarien trotz der globalen Veränderungen bei den Kommunikationen das Gefühl der Empathie gegenüber denen, die zuhören, beibehält. Das Radio ist eine Stimme. Der Kontakt erfolgt über die Stimme und hinter der Stimme steht eine Person und sie ist es, die das Gefühl von Empathie vermittelt. Was ich jetzt bei Radio Bulgarien vermisse, ist natürlich in erster Linie der Äther, die Tatsache, dass die Mittel- und Kurzwelle nicht digitalisiert werden konnten und Radio Bulgarien kein Radio geblieben, sondern zu einer der Tausenden Plattformen geworden ist. Mein Wunsch wäre es, dass es, wenn es solche Möglichkeiten gibt, zum ursprünglichen Inhalt zurückkehrt. Es sollte sich maximal dem nähern, was wir unter Radio verstehen. Der Hörer sollte dann und das hören können, wann und was ihm gefällt, er sollte die Möglichkeit haben, einen guten Inhalt zu wählen. Es gibt derzeit viele Informationsquellen. Doch wie viele Informationsquellen über Bulgarien gibt es, so wie das Land ist, mit seinen guten und schlechten Seiten, den Problemen, den Errungenschaften und Misserfolgen? In Bulgarien leben Menschen, die es verdienen, richtig eingeschätzt zu werden. Wer, wenn nicht Radio Bulgarien, wird es in der Sprache tun, die für die Menschen in der Welt zugänglich ist. Das geschieht nicht so sehr mit finanziellen Mitteln, sondern mit Menschen, die gute Sendungen machen wollen, die menschlich und emotional sind. Solange ich Chefredakteurin von Radio Bulgarien war, habe ich immer darauf bestanden. Die Menschen sollten die Seele dieses Landes spüren können“, sagte abschließend Rajna Konstantinowa und wünschte viel Erfolg in diesen schwierigen Zeiten!"
Übersetzung: Georgetta Janewa
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