Sendung auf Deutsch
Textgröße
Bulgarischer Nationaler Rundfunk © 2024 Alle Rechte vorbehalten

Der 48. Volksversammlung ist es nicht gelungen, ein reguläres Kabinett zu wählen

Foto: BGNES

Am 73. Tag nach den vorgezogenen Parlamentswahlen ist es den Abgeordneten nicht gelungen, eine reguläre Regierung zu wählen. Der erste Auftrag zur Regierungsbildung von GERB-SDS ist gescheitert. Das vom Neurochirurgen Prof. Nikolaj Gabrowski vorgeschlagene Kabinett wurde von 125 Abgeordneten von den Parteien „Wir setzen die Veränderung fort“, „Wasrazhdane“, BSP und „Demokratisches Bulgarien“ abgelehnt, während 113 Abgeordnete von GERB-SDS, DPS und „Bulgarischer Fortschritt“ dafür stimmten.

Der für den Premierministerposten vorgeschlagene Nikolaj Gabrowski hielt zu Beginn der Sitzung eine Ansprache und erklärte: „Wir übernehmen die Verantwortung für die Bildung einer regulären Regierung in der vollen Überzeugung, dass es notwendig ist, die Spaltung der Gesellschaft schnell zu überwinden, den Dialog zwischen den Parteien wiederherzustellen, die politische Krise zu beenden und eine Kaskade vorgezogener Neuwahlen zu vermeiden, das Vertrauen in die Institutionen wiederherzustellen, einen öffentlichen Konsens für die Durchführung der Justizreform zu erreichen.“

Prof. Gabrowski umriss sieben Prioritäten, darunter die Verabschiedung eines Pakets von Anti-Krisen-Maßnahmen im neuen Staatshaushalt, die Bekämpfung der Korruption, die Umsetzung wichtiger Reformen, auch durch den Plan für Wiederaufbau und Nachhaltigkeit, Schritte in Richtung Aufnahme unseres Landes in Schengen und die Eurozone. Seine Rede schloss er mit den Worten: „Lasst die Liebe zu Bulgarien siegen“ ab.

Nikolaj Gabrowski

Dieses Kabinett sei eine Chance für alle politischen Kräfte und sollte nicht leichtfertig abgelehnt werden, warnte die Vorsitzende der Parlamentsfraktion von GERB-SDS Dessislawa Atanassowa. Die einzige Möglichkeit, die Staatlichkeit zu stabilisieren, sei "eine Regierung mit Programm, klaren Prioritäten und möglichst breiter Unterstützung".

Der Vorsitzende der Parlamentsfraktion von „Wir setzen die Veränderung fort“, Andrej Gjurow erklärte, dass das vorgeschlagene Kabinett nicht die wichtigste Bedingung erfüllt - politische Verantwortung tragen zu können. Dieses Kabinett verströme den Duft nach Mottenkugeln der Dreierkoalition* und der Reservebank von GERB. Das große Ziel seien die Kommunalwahlen, damit die Drahtzieher ihre feudalen Besitztümer aufrechterhalten können, schloß Andrej Gjurow.

Der Vorsitzende der DPS, Mustafa Karadai, bezeichnete die heutige Entscheidung angesichts des Ukraine-Krieges, der Wirtschaftskrise und des Fehlens operativer Programme als "fatal". „Wir gehen einen großen Kompromiss ein und wollen der Lösung der Krise eine Chance geben“, sagte er und forderte alle auf, sich auf gemeinsame Prioritäten zu einigen.

Die Bildung eines Kabinetts sollte nicht um jeden Preis erfolgen, erklärte der Vorsitzende von „Wasrazhdane“, Kostadin Kostadinow. Er wies darauf hin, dass sich das Parlament nur mit seinen eigenen Problemen befasse und in unwichtigen Themen verfalle. „Anstatt die richtige Wahl zu treffen, haben wir angefangen, die Bürger mit Neuwahlen zu erschrecken“, fügte der Abgeordnete hinzu.

Die Vorsitzende der BSP, Kornelia Ninowa, begründete ihre Ablehnung des vorgeschlagenen Kabinetts von GERB-SDS mit den Worten: „Seit sechs Jahren kämpfen wir dafür, das GERB-Modell abzuschaffen, das wir als „Parallelstaat“, Missachtung der Gewaltenteilung, Entscheidungsfindung hinter den Kulissen, Zunahme von Armut und Ungleichheit und Mangel an Gerechtigkeit bezeichnen.“

„Diese Regierung gleicht einer Übergangsregierung, die irgendwo anders zusammengestellt wurde. In den Nominierungen sehen wir keine Kapazität für tiefgreifende Reformen“, erklärte der Co-Vorsitzende von „Demokratisches Bulgarien“ Hristo Iwanow und betonte, dass die Fraktion eine von der DPS abhängige Regierung mit dem Mandat von GERB nicht unterstützen könne.

Der Vorsitzende von „Bulgarischer Fortschritt“, Stefan Janew, erklärte, dass seine Partei die Nominierung von Nikolaj Gabrowski unterstütze, doch gegen die unterbreitete Struktur und Zusammensetzung des Kabinetts stimmen werde, weil nicht klar sei, wer die politische Verantwortung trägt.

Nach hitzigen Debatten nahmen 238 von den insgesamt 240 Abgeordneten an der Abstimmung über das vorgeschlagene GERB-SDS-Kabinett teil.

„Gut und Böse sind in den Ring getreten, die Menschen haben auf das Böse gesetzt, das Böse hat gesiegt und die Menschen gewonnen“, kommentierte Nikolaj Gabrowski auf einem kurzen Briefing nach der Abstimmung. Er fügte hinzu, dass er hinsichtlich dessen, was Bulgarien bevorsteht, nicht optimistisch sei. "Vielleicht werden wir ein Jahr mit Wahlen verbringen, was sehr traurig ist", prognostizierte der Professor.

Der Gesetzgebung zufolge folgt die Vergabe des zweiten Sondierungsmandats für die Bildung einer Regierung an die Partei „Wir setzen die Veränderung fort“.

*Die Dreierkoalition mit Sergej Stanischew als Ministerpräsident an der Spitze aus BSP, NDSW und DPS regierte von 2005-2009.

Übersetzung: Georgetta Janewa

Fotos: BGNES


Последвайте ни и в Google News Showcase, за да научите най-важното от деня!

mehr aus dieser Rubrik…

Marin Jotow aus Berlin erwartet von den Politikern Kompromissbereitschaft zugunsten einer Regierung

Bulgarinnen und Bulgaren können in 66 Wahllokalen in ganz Deutschland wählen. In Berlin gibt es 5 Wahllokale, die alle über eine Wahlmaschine verfügen. Der Wahltag verläuft reibungslos. Bislang haben etwas mehr als 800 Menschen ihre Stimme..

veröffentlicht am 27.10.24 um 18:10
Wahlausschuss Nr. 3 in Frankfurt

Ein Marathon und Adressänderung des Wahllokals erschweren die Stimmabgabe in Frankfurt

Der Wahltag in Frankfurt verläuft ruhig, sagte unsere Landsfrau Katja Slatkowa, die einem Wahlausschuss in der Stadt angehört, gegenüber Radio Bulgarien. Sie wies auf zwei Faktoren hin, die den Menschen die Stimmabgabe etwas erschweren, die..

veröffentlicht am 27.10.24 um 17:05

Vorgezogene Wahlen zu ungewohnter Zeit

Seit heute, dem 27. September, befindet sich Bulgarien wieder in einem 30-tägigen Wahlkampf. 28 Parteien und 11 Koalitionen haben bei der Zentralen Wahlkommission Unterlagen für die Teilnahme an den nächsten vorgezogenen Parlamentswahlen..

aktualisiert am 27.09.24 um 17:40