Wie wurden Parlamente ohne politische Parteien gewählt und waren die Regierenden in Bulgarien immer in der Lage, die Wahlen zu gewinnen? Der Historiker Dr. Swetoslaw Schiwkow mit Antwort auf diese Fragen:
Die Wahlen in Bulgarien nach der Befreiung 1878 entwickelten sich von der anfänglichen Selbstorganisation der Wahllokale und einer Mehrheitsabstimmung über das proportionale System, den ersten gedruckten Stimmzetteln, um schließlich bei der Registrierung der Abgeordnetenkandidaten vom Gericht anzukommen.
Nach 1937 fanden in unserem Land Parlamentswahlen auch ohne die formelle Existenz politischer Parteien statt, eine Tatsache, die als Verstoß gegen die Verfassung eingestuft wird.
„Die Idee dieser Wahlen war nicht so sehr, den Parteien eine Vertretung zu geben, sondern die Legitimierung des Regimes von Zar Boris III.“, erklärt der Historiker Dr. Swetoslaw Schiwkow von der Sofioter Universität und weist darauf hin, dass es von 1934 bis 1938 in Bulgarien kein Parlament gegeben hat.
In der bulgarischen Gesellschaft flammten allmählich Bestrebung auf, die Verfassung und die Bürgerrechte wiederherzustellen. Zu dieser Zeit fanden solche Wahlen aber auch in anderen autoritären Diktaturen wie Portugal, Jugoslawien, Rumänien und Griechenland statt.
Das Regime in unserem Land sei nicht so drakonisch gewesen, sagt der Historiker. Zwar wurden die Parteien formell aufgelöst, doch sie haben auch weiterhin als politische Gruppen existiert. Es ist interessant zu vermerken, dass 1938 jeder Kandidat eine Erklärung ausfüllen musste, dass er unabhängig war. Alle Oppositionsmitglieder haben solche Erklärungen ausgefüllt und viele von ihnen wurden gewählt. Vor allem im Parlament von 1938 waren 63 von 160 gewählten Abgeordneten von der Opposition, eine beachtenswerte Zahl.
Es wird behauptet, dass bei allen Wahlen der Wahlsieger immer die regierende Partei ist. Doch Bulgarien war im 19. Jahrhundert eines der ersten Länder Südeuropas, in denen die Herrscher Wahlen auch verloren haben.
„Die Praxis, dass die Regierungspartei in der Regel die Wahlen gewinnt, ist nicht typisch für Bulgarien, sondern für ganz Südeuropa. Der Erfolg der Opposition in Bulgarien von 1879/1880 war eher darauf zurückzuführen, dass es sich bei den Parteien nicht um echte Parteien, sondern um informelle Gruppen handelte“, erklärt Dr. Swetoslaw Schiwkow und weist auf die damals niedrige politische Kultur hin. Die Parteien selbst waren ideologisch nicht klar definiert und hatten auch keine soliden Strukturen unter der Landbevölkerung. Sie waren in den Städten ansässig und dadurch hatte automatisch diese Partei Vorrang, die über die Administration verfügte und die Wahlen organisierte.
Eine echte Ausnahme bildete das Jahr 1931 als eine oppositionelle Koalition, die sich Volksblock nannte, sowohl die Regierenden, sich selbst und die Welt in Erstaunen versetzte. Sie hat nicht nur die Wahlen für sich entschieden und die Regierenden besiegt, sondern auch die absolute Mehrheit gewonnen.
Nach der Wende von 1989 als Bulgarien auf dem Weg zur Demokratie war, erschienen überraschend für die Öffentlichkeit die Vertreter der alten politischen Parteien, die vom sowjetischen Modell vernichtet wurden. Inwieweit ist es ihnen gelungen, die Stafette der demokratischen Werte weiterzugeben?
„Bedauerlicherweise sind alle diese Politiker schon tot, doch Ende der 1990-iger Jahre hatten sie etwas, was die heutigen Politiker nicht besitzen – die Finesse jenes Bulgarien aus der Zeit vor dem Kommunismus“, erinnert sich Dr. Swetoslaw Schiwkow. „Sie wussten wie man Wahlen organisiert, was ein Mehrheits- und was ein proportionales System ist. Sie hatten sich schließlich 1946 an den letzten Wahlen vor der Errichtung des kommunistischen Regimes beteiligt, bei denen es noch eine Konkurrenz gab“.
Das gleiche gilt auch für Ungarn und die anderen Länder des ehemaligen Ostblocks. Während des Zusammenbruchs des kommunistischen Regimes und der Bildung des neuen Mehrparteiensystems wurden einige alte politische Parteien wiederhergestellt, wie zum Beispiel die Demokratische Partei, die Sozialdemokraten und die Agrarunion Bulgariens.
„Es tauchten aber auch neue politische Formationen auf, die nichts mit der vorkommunistischen Vergangenheit zu tun hatten. Sie haben es auch aus Altersgründen geschafft, die Älteren in die hinteren Positionen zu drängen, denn einige der alten bulgarischen Politiker lebten Anfang der 1990-iger Jahre immer noch in der Agenda aus der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts. Die 1990-iger waren aber schon eine andere Zeit", sagt abschließend der Historiker Dr. Swetoslaw Schiwkow.
Übersetzung: Georgetta Janewa
Fotos: Archiv und bntnews.bg
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